„Man soll, heißt es so schön, die Toten ruhen lassen“

Von Dr. Christine Künzel

Im Frühjahr 2024 wurde die Grabstätte Gisela Elsners – genauer gesagt die Familiengrabstätte der Elsners – auf dem Friedhof St. Jobst in Nürnberg aufgelöst. Es lässt sich im Nachhinein lediglich darüber spekulieren, wie Elsner es empfunden hätte, nicht nur eine Grabstelle mit ihren ungeliebten Eltern zu teilen, sondern auch denselben Grabstein.

Im Juni 2023 verstarb Richard Elsner, der jüngere Bruder Gisela Elsners, im Alter von 83 Jahren. Er wurde nicht in dem Familiengrab beigesetzt. Daraufhin entschied sich seine Familie dazu, die Auflösung der Familiengrabstätte auf dem Friedhof St. Jobst zu veranlassen. Zuvor hatte der Sohn Richard Elsners noch bei der Internationalen Gisela Elsner Gesellschaft angefragt, ob diese die Kosten für den Erhalt der Grabstätte übernehmen würde. Dies ist jedoch aufgrund der bescheidenen finanziellen Mittel der Gesellschaft nicht möglich. Zudem handelte es sich ja nicht um ein individuelles Grab der Autorin Gisela Elsner, sondern um eine Familiengrabstätte.

Nun gibt es diesen festen Ort des Gedenkens nicht mehr – an dem zu Elsners Geburtstag zuweilen noch eine rote Nelke niedergelegt wurde. Doch folgt man Elsners Erzählung „Die Auferstehung der Gisela Elsner“, dann treibt die verstorbene Autorin dort immer noch ihr Unwesen, indem sie „selbst aus ihrer Verwesung ein Aufhebens“ macht und sich „im Friedhof noch einer Ellenbogentechnik“ bedient, „die die Gebeine der ringsum in Frieden Ruhenden zu verdrängen droht.“

(Gisela Elsner: Die Auferstehung der Gisela Elsner, in: Dies.: Die Zerreißprobe. Erzählungen. Reinbek bei Hamburg, 1980, S. 268)

Vorderseite der Familiengrabstätte
Rückseite des Grabsteines

Fotos: Grabstätte der Familie Elsner auf dem Friedhof St. Jobst in Nürnberg (Fotos: Christine Künzel)

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